Terrakotta-Klimaregale: Poröse Wandregale, die Pflanzen automatisch bewässern
Terrakotta-Klimaregale: Poröse Wandregale, die Pflanzen automatisch bewässern und Räume passiv kühlen
Zu heiß im Sommer, zu trocken im Winter? Terrakotta ist nicht nur ein schöner Werkstoff – seine Poren können Wasser kapillar aufnehmen und langsam verdunsten. Das Ergebnis: angenehmere Luftfeuchte, leichte Verdunstungskühlung und gesündere Pflanzen. In diesem Artikel zeige ich, wie sogenannte Klimaregale aus Terrakotta funktionieren, wie du sie baust und sinnvoll platzierst – ideal für Wohnzimmer, Küche, Homeoffice oder Loggia.
Was ist ein Klimaregal?
Ein Klimaregal ist ein poröses Terrakotta-Regal mit verstecktem Wasserspeicher und Dochtsystem. Es gibt Feuchte kontrolliert an die Luft ab, zieht gleichzeitig Wasser zu Pflanzgefäßen und kann dank Masse und Verdunstung als passiver Kühlkörper wirken. Kein Strom, keine Pumpe – nur Schwerkraft und Kapillarität.
Die drei Kernprinzipien
1. Kapillarität
Feine Poren in Terrakotta und Dochtfasern (Baumwolle, Hanf) ziehen Wasser von selbst durch schmale Kanäle. So werden Regalböden kontinuierlich befeuchtet, ohne dass etwas tropft.
2. Verdunstungskühlung
Wenn Wasser an der Oberfläche verdunstet, entzieht es der Umgebung Wärme. Auf Terrakotta verteilt sich dieser Effekt besonders gleichmäßig – spürbar als sanfter Kühlhauch in der Nähe des Regals.
3. Hygrothermische Pufferung
Terrakotta saugt Feuchte bei hoher Luftfeuchte auf und gibt sie wieder ab, wenn die Luft trocken wird. Das glättet Feuchtespitzen – gut gegen trockene Schleimhäute in der Heizsaison.
Aufbau: So ist das Klimaregal konstruiert
- Regalböden: extrudierte Terrakotta-Profile (8–14 mm), offenporig, unlasiert
- Wassertrog: oberes, längliches Terrakotta- oder Edelstahlbecken mit Deckel
- Dochtsystem: Baumwoll-/Hanfbänder 10–15 mm, führen vom Trog zu den Regalauflagen und Pflanzgefäßen
- Kapillarrinnen: flache Nuten an der Oberseite, verteilen Wasser als Film
- Rückwand: Lehm- oder Kalkplatte als Feuchtepuffer und optischer Wärmespeicher
- Tropfschutz: Unterkante mit kapillarbrechender Fase, optional Abtropfkante
Dimensionierung: Wie groß, wie viel Wasser, welche Reichweite?
Die folgende Orientierung hilft bei Planung und Einkauf. Werte sind Erfahrungsbereiche und hängen von Klima, Luftbewegung und Pflanzen ab.
| Aspekt | Richtwert | Hinweis |
|---|---|---|
| Regalböden | 80–120 cm × 18–24 cm | Pro Boden 1–2 mittelgroße Pflanzen |
| Stärke Terrakotta | 10–12 mm | Stabil und noch gut kapillar aktiv |
| Wassertrog | 2–5 Liter | Autonomie 5–14 Tage |
| Verdunstung | 50–200 ml Tag | Sommer höher, Winter niedriger |
| Dochte | 2–4 Stück je Boden | Lage mittig und zu Pflanzgefäßen |
Materialwahl und Alternativen
- Terrakotta: Ofenrohre, Pflanztröge oder extrudierte Fliesen – wichtig ist unlasierte, poröse Oberfläche.
- Dochte: Naturfasern (Baumwolle, Hanf) kapillar stärker als synthetische; Geflecht statt glatter Schnur.
- Wassertrog: Terrakotta (ästhetisch, schwer), Edelstahl (hygienisch), Glas (Füllstand sichtbar).
- Dichtungen: Silikonfrei bei Terrakotta–Terrakotta; besser mineralische Dichtschlämme oder Lebensmitteldichtband.
Pflanzenauswahl für Klimaregale
Wähle Arten, die leichte Feuchte an den Wurzeln mögen und Verdunstung unterstützen.
- Küche: Basilikum, Minze, Petersilie, Schnittlauch
- Wohnzimmer: Farn, Calathea, Zimmerlinde
- Homeoffice: Efeutute, Philodendron scandens (pflegeleicht)
- Loggia: Erdbeeren, Kapuzinerkresse, Thymian (mit mehr Licht)
Fallstudie: 18 m² Wohn-/Arbeitsnische in Leipzig
- Aufbau: 2 Regalböden à 100 × 20 × 1,2 cm, Trog 4 Liter, 6 Dochte
- Platzierung: Innenwand, 1 m neben Fenster, zugfreie Ecke
- Beobachtungen:
- Luftfeuchte stieg an trockenen Heizungstagen von 34% auf 40–45% r. F.
- Sommerspitzen fühlten sich in Regalnähe merklich kühler an (leichter Luftzug genügt).
- Bewässerungsintervall der Kräuter: 7–10 Tage autonom.
DIY-Montage: Schritt-für-Schritt
Materialliste (für 1 Regal mit 2 Böden)
- 2 × Terrakotta-Regalböden 100 × 20 × 1–1,2 cm
- 1 × Wassertrog 4–5 Liter mit Deckel
- 6–8 × Dochtbänder aus Baumwolle (je 50–60 cm)
- 4 × Wandkonsolen (metall, pulverbeschichtet)
- Kapillarrinnenfräser oder Diamantschleifschwamm
- Mineralische Dichtschlämme für Trogrand und Fugen
- Pflanzgefäße mit Kapillarboden oder Loch im Topf
- Wasserstandsanzeiger (mechanisch) optional
Montage
- Wand prüfen, tragfähige Stellen markieren, Konsolen lotrecht montieren.
- In die Oberseite der Terrakottaböden 2–3 flache Nuten (3–4 mm) fräsen oder schleifen.
- Dochtbänder vom Trog durch kleine Aussparungen zu den Nuten und Pflanzgefäßen führen.
- Trog auf oberster Ebene platzieren, Deckel anpassen, Durchführungen abdichten.
- Regalböden auf Konsolen legen, waagerecht ausrichten (leichte Neigung vom Trog weg ist ok).
- Dochte anfeuchten, Trog füllen, Tropfkante kontrollieren (keine Tropfen an der Unterseite).
- Pflanzen einsetzen; Substrat nicht bis zum Rand auffüllen, damit Dochte frei liegen.
Bauzeit: ca. 90 Minuten. Materialkosten: je nach Terrakotta-Quelle etwa 120–220 €.
Bedienung und Feineinstellung
- Feuchtigkeitsniveau über Anzahl und Breite der Dochte steuern.
- Kühlwirkung steigt mit leichter Luftbewegung (Ventilator auf niedriger Stufe fern des Regals).
- Entkalktes Wasser verringert Ausblühungen und Kalkränder.
- Winterbetrieb: weniger Dochte oder kürzere Dochtenden – verhindert Überfeuchtung.
Pro und Contra
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Klima | Sanfte Befeuchtung, spürbare Verdunstungskühlung | Wirkung lokal, nicht raumweit wie aktive Geräte |
| Pflanzen | Konstante Feuchte, weniger Gießfehler | Nicht alle Arten geeignet (Kakteen, Sukkulenten meiden) |
| Wartung | Einfache Kontrolle, wenige bewegliche Teile | Dochte 1–2 mal jährlich tauschen |
| Ästhetik | Warme, natürliche Haptik | Kalkränder bei hartem Wasser möglich |
| Nachhaltigkeit | Kein Strom, langlebige Keramik | Terrakotta ist spröde – sorgfältige Montage nötig |
Hygiene, Pflege und Sicherheit
- Biofilm vorbeugen: Alle 4–6 Wochen Trog entleeren, mit warmem Wasser ausspülen.
- Kalk entfernen: Essigwasser 1:3, kurz einwirken lassen, klar nachspülen.
- Dochte austauschen, wenn sie verhärten oder verfärben.
- Sprödbruch vermeiden: Punktlasten und harte Stöße an Kanten vermeiden; Konsolen mit Filzauflagen.
Varianten und Upgrades
- Duftkräuter-Zone: Kleine Terrakottaschalen mit Zitronenthymian erhöhen frische Raumwahrnehmung.
- PCM-Einsatz: Flache Wärmespeicherelemente hinter dem Regal stabilisieren Temperaturschwankungen.
- Sensorik: Ein einfacher Hygrometer in Reganähe hilft, Dochtanzahl optimal einzustellen.
- Mobiles Modul: Rollenpodest mit Terrakottablock für flexible Sommerplätze.
Typische Fehler und wie du sie vermeidest
- Überlauf: Trog nie randvoll füllen; 2–3 cm Luft lassen.
- Nicht poröse Keramik: Glasierte Flächen verhindern Kapillarität – nur unglasierte Bereiche für Feuchte nutzen.
- Zugluft: Direkter, starker Luftstrom trocknet Pflanzen zu schnell aus; sanfte Luftbewegung genügt.
- Har tes Wasser: Bei sichtbaren Ausblühungen auf gefiltertes Wasser umstellen.
Wo passt ein Klimaregal besonders gut?
- Küche: Frische Kräuter, Geruchsbindung durch feuchte Tonoberfläche.
- Wohnzimmer: Leseecke – akustisch angenehm, mikroklimatisch spürbar.
- Homeoffice: Konstante Feuchte gegen trockene Augen.
- Loggia: Abends kühleres Sitzklima ohne Strom.
Fazit: Möbel, die atmen – und Arbeit abnehmen
Terrakotta-Klimaregale verbinden Bewässerung, Befeuchtung und dezente Kühlung in einem Möbelstück. Sie sind leise, stromlos und schaffen spürbare Wohnqualität – vor allem dort, wo Luft zu trocken oder Sommerhitze drückend ist. Baue zuerst ein kompaktes Zwei-Böden-Modul, sammle Erfahrung mit Dochtanzahl und Pflanzen, und erweitere dann modular. So wächst dein Mikroklima-Regal mit deinen Ansprüchen.
Jetzt starten: Miss deine Wandnische aus, besorge zwei unglasierte Terrakottaböden, ein Dochtset – und teste das Prinzip an einem Wochenende.





























